Gütesiegel für Gesundheitswebseiten
Im Internet gibt es keine zentrale Qualitätskontrolle für Gesundheitsinformationen. Jeder kann eine professionell aussehende Webseite erstellen und medizinische Ratschläge verbreiten – unabhängig von der Fachkompetenz. Um Verbraucherinnen und Verbrauchern die Orientierung zu erleichtern, wurden verschiedene Bewertungssysteme und Zertifizierungen entwickelt.
Diese Standards funktionieren wie ein TÜV-Siegel für Gesundheitswebseiten: Sie prüfen, ob bestimmte Qualitätskriterien erfüllt sind, und verleihen bei bestandener Prüfung ein Siegel. Allerdings bedeutet das Fehlen eines Siegels nicht automatisch, dass eine Seite unseriös ist – viele hochwertige Angebote verzichten auf eine kostenpflichtige Zertifizierung.
HONcode – Der internationale Standard
Der Health On the Net Foundation Code of Conduct, kurz HONcode, ist das bekannteste internationale Qualitätssiegel für Gesundheitswebseiten. Die Schweizer Stiftung Health On the Net Foundation vergibt es seit 1996 an Webseiten, die acht ethische Grundsätze einhalten:
- Autorität: Medizinische Informationen stammen von qualifizierten Fachpersonen
- Komplementarität: Informationen ergänzen die Arzt-Patienten-Beziehung, ersetzen sie aber nicht
- Datenschutz: Persönliche Daten werden vertraulich behandelt
- Quellenangaben: Behauptungen werden mit Quellen belegt
- Ausgewogenheit: Vor- und Nachteile werden fair dargestellt
- Transparenz: Kontaktmöglichkeiten sind klar angegeben
- Finanzierung: Geldgeber werden offengelegt
- Werbepolitik: Werbung ist klar von redaktionellen Inhalten getrennt
Das HONcode-Siegel wird nach einer Prüfung für ein Jahr vergeben und muss dann erneuert werden. Webseiten mit diesem Siegel verpflichten sich, die Standards kontinuierlich einzuhalten.
DISCERN – Selbst Qualität beurteilen
DISCERN ist kein Siegel, sondern ein Bewertungsinstrument, mit dem du selbst die Qualität von Gesundheitsinformationen einschätzen kannst. Das ursprünglich britische System besteht aus 16 Fragen in drei Kategorien:
Teil 1: Ist die Veröffentlichung zuverlässig?
Fragen zur Quelle, Aktualität, Ausgewogenheit und Transparenz der Information.
Teil 2: Wie gut ist die Information über Behandlungen?
Fragen zu Therapieoptionen, Risiken, Nutzen und Auswirkungen auf die Lebensqualität.
Teil 3: Gesamtbeurteilung
Eine abschliessende Einschätzung der Qualität als Entscheidungshilfe.
DISCERN wurde speziell für Laien entwickelt. Die Fragen sind so formuliert, dass keine medizinischen Vorkenntnisse nötig sind. Wer sich die Zeit nimmt, Gesundheitsinformationen anhand dieser Kriterien zu prüfen, entwickelt schnell ein Gespür für Qualität.
Weitere Qualitätsmerkmale
Über formale Zertifizierungen hinaus gibt es weitere Hinweise auf vertrauenswürdige Gesundheitsseiten:
- Herausgeber sind öffentliche Institutionen oder anerkannte Fachgesellschaften
- Wissenschaftliche Beiräte überprüfen die Inhalte
- Redaktionelle Prozesse sind transparent dokumentiert
- Aktualisierungszyklen sind festgelegt und werden eingehalten
- Interessenkonflikte werden offengelegt
Kritischer Blick bleibt wichtig
Qualitätssiegel sind hilfreiche Orientierungspunkte, aber kein Freifahrtschein für unkritisches Vertrauen. Auch zertifizierte Seiten können Fehler enthalten oder in bestimmten Bereichen veraltet sein. Umgekehrt gibt es exzellente Gesundheitsinformationen ohne formales Siegel – etwa von Universitätskliniken oder Fachgesellschaften, die auf eine externe Zertifizierung verzichten.
Am besten kombinierst du verschiedene Ansätze: Achte auf Qualitätssiegel, nutze Bewertungsinstrumente wie DISCERN, vergleiche mehrere Quellen und besprich wichtige Entscheidungen mit deiner Ärztin oder deinem Arzt. So entwickelst du die digitale Gesundheitskompetenz, die im Informationszeitalter unverzichtbar ist.