Die erste Therapiesitzung ist immer etwas Besonderes – egal ob online oder offline. Eine gute Vorbereitung nimmt Nervosität, schafft einen hilfreichen Rahmen und ermöglicht es dir, die Zeit optimal zu nutzen. Hier erfährst du, was du brauchst und worauf du achten solltest.
Technische Voraussetzungen schaffen
Bevor du dir Gedanken über Inhalte machst, kläre die technischen Basics. Nichts ist frustrierender als eine Sitzung, die wegen technischer Probleme stockt.
Was du brauchst:
- Gerät mit Kamera und Mikrofon: Laptop, Tablet oder Smartphone – wichtig ist, dass beides funktioniert
- Stabile Internetverbindung: Mindestens 5 Mbit/s Download und Upload für störungsfreie Videoqualität
- Kopfhörer: Verbessert die Tonqualität und verhindert, dass andere mithören können
- Aktuelle Software: Browser oder App auf dem neuesten Stand
- Funktionsfähige Plattform: Teste vorab, ob du dich einloggen kannst
Technik-Check vor der ersten Sitzung:
Plane 15 Minuten vor deiner ersten Sitzung für einen technischen Test ein:
- Funktioniert die Kamera? (Richtig positioniert, ausreichend Licht?)
- Hört dich das Mikrofon gut? (Keine Hintergrundgeräusche?)
- Ist die Internetverbindung stabil? (Teste mit einem Speedtest)
- Kannst du die Plattform problemlos aufrufen?
- Hast du den Zugangslink oder die Meeting-ID griffbereit?
Technische Probleme während der Sitzung?
Trotz Vorbereitung kann die Technik streiken. Besprich vorab mit deinem Therapeuten einen Plan B: Gibt es eine Telefonnummer für den Notfall? Wie lange wartest du bei Verbindungsabbruch, bevor du dich neu einwählst? Diese Klarheit schafft Sicherheit.
Den richtigen Raum schaffen
Der physische Raum beeinflusst, wie gut du dich öffnen kannst. In der Praxis sorgt der Therapeut für den passenden Rahmen – bei Online-Therapie liegt das in deiner Hand.
Ideale Rahmenbedingungen:
- Privat und ungestört: Ein Raum, in dem du allein bist und nicht unterbrochen wirst
- Ruhig: Keine störenden Hintergrundgeräusche (Strassenlärm, bellende Hunde, laufende Waschmaschinen)
- Angenehm beleuchtet: Tageslicht ist ideal, sonst eine Lampe vor dir (nicht hinter dir, sonst sieht man dich nur als Silhouette)
- Neutral im Hintergrund: Nichts, was dich oder den Therapeuten ablenkt
- Bequem: Ein Stuhl oder Sessel, in dem du dich wohlfühlst, aber nicht einschläfst
Praktische Tipps:
- Informiere Mitbewohner oder Familie über die Sitzung – bitte um Ruhe
- Schalte dein Telefon stumm oder aus (ausser deine Therapie-App läuft darauf)
- Deaktiviere Benachrichtigungen am Computer
- Stelle ein Glas Wasser bereit
- Lege Taschentücher griffbereit – Emotionen dürfen sein
Inhaltliche Vorbereitung: Was besprichst du?
Viele Menschen sind vor der ersten Sitzung nervös: Was sage ich? Wie fange ich an? Die gute Nachricht: Dein Therapeut wird dich durch das Gespräch führen. Trotzdem hilft es, sich vorher ein paar Gedanken zu machen.
Hilfreiche Vorbereitung:
- Warum bist du hier? Was ist der Anlass für die Therapie? (Muss nicht perfekt formuliert sein)
- Was wünschst du dir? Was soll sich durch die Therapie verändern?
- Relevante Vorgeschichte: Gab es frühere Therapien? Wichtige Lebensereignisse?
- Aktuelle Belastungen: Was beschäftigt dich im Moment besonders?
- Fragen an den Therapeuten: Was möchtest du über den Ablauf wissen?
Notiere dir Stichworte, wenn es hilft – aber erwarte nicht von dir, eine perfekte Präsentation abzuliefern. Therapie ist kein Bewerbungsgespräch. Stocken, Weinen, Nicht-die-richtigen-Worte-Finden – all das gehört dazu und ist völlig in Ordnung.
Die erste Sitzung: Was erwartet dich?
Jeder Therapeut gestaltet Erstgespräche etwas anders, aber es gibt typische Elemente:
Klassischer Ablauf:
- Kennenlernen (5-10 Min.): Kurzes Warmwerden, technischer Check
- Anliegen klären (15-20 Min.): Du schilderst, warum du gekommen bist
- Hintergrund erfassen (15-20 Min.): Der Therapeut stellt Fragen zu deiner Geschichte, aktuellen Situation, bisherigen Bewältigungsversuchen
- Rahmenbedingungen besprechen (10 Min.): Häufigkeit der Sitzungen, Kosten, Datenschutz, Absageregeln
- Vorgehen klären (5-10 Min.): Erste Ideen zum therapeutischen Ansatz, nächste Schritte
Die erste Sitzung ist oft diagnostisch und organisatorisch geprägt. Es ist völlig normal, wenn du danach noch nicht das Gefühl hast, «richtig in der Therapie zu sein». Das kommt in den Folgesitzungen.
Es muss nicht beim ersten Therapeuten klappen
Wenn du nach der ersten Sitzung merkst, dass es nicht passt – sei es fachlich oder menschlich – ist das kein Scheitern. Therapeutische Beziehung ist entscheidend für den Erfolg. Es ist völlig legitim, danach weiter zu suchen. Die meisten Therapeuten haben dafür Verständnis.
Nach der ersten Sitzung
Nimm dir nach der Sitzung etwas Zeit. Eine Therapiesitzung kann emotional fordernd sein, auch wenn «nur» geredet wurde. Plane keine wichtigen Termine direkt danach.
Hilfreiche Reflexion:
- Wie fühle ich mich nach dem Gespräch?
- Konnte ich mich öffnen?
- Fühle ich mich vom Therapeuten verstanden?
- Kann ich mir vorstellen, mit dieser Person weiterzuarbeiten?
- Gab es technische oder räumliche Probleme, die ich für nächstes Mal verbessern kann?
Vertraue deinem Bauchgefühl, aber gib der Beziehung auch eine Chance. Manchmal braucht es zwei, drei Sitzungen, bis man sich wirklich einlässt.
Wenn Kinder im Haushalt sind
Therapie mit Kindern im Haus ist eine besondere Herausforderung, aber machbar:
- Betreuung organisieren: Idealerweise sind Kinder während der Sitzung betreut oder bei Freunden
- Schlafzeiten nutzen: Abendtermine, wenn Kinder im Bett sind
- Backup-Plan: Was tun, wenn ein Kind plötzlich ins Zimmer platzt? (Vorab mit Therapeuten besprechen)
- Ehrlich sein: Teile deinem Therapeuten mit, dass Kinder im Haushalt sind – gemeinsam findet ihr Lösungen
Ressourcen und Unterstützung
Wenn du zwischen Sitzungen Unterstützung brauchst, gibt es Anlaufstellen. Besprich mit deinem Therapeuten, was in akuten Krisen gilt. Viele Therapeuten bieten keine 24/7-Erreichbarkeit – das ist normal und in Ordnung.
Für Notfälle ausserhalb der Sitzungen gibt es Krisentelefone und Notfallnummern. Die Dargebotene Hand (Tel. 143) ist rund um die Uhr erreichbar. Weitere Hilfsangebote findest du bei Pro Mente Sana.
Dein erster Schritt ist der wichtigste
Dass du hier bist und dich informierst, zeigt: Du nimmst deine psychische Gesundheit ernst. Die erste Sitzung mag aufregend sein, vielleicht auch etwas unangenehm – aber sie ist der Beginn eines Wegs, der sich lohnt. Mit der richtigen Vorbereitung schaffst du dir die besten Voraussetzungen dafür.
Sei nicht zu streng mit dir. Perfektion ist nicht das Ziel – Offenheit und Bereitschaft reichen völlig. Der Rest kommt mit der Zeit.